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Titelbild des Impulspapiers

Neues Impulspapier: Die digitale Transformation der Kreativwirtschaft

BSP-Impulspapier zu Anwendungsszenarien am Beispiel immersiver Medientechnologien und digitaler Assistenzsysteme

Digitalisierung ist in aller Munde. Durch zahlreiche Studien, Informationskampagnen und Publikationen ist die große Bedeutung der Digitalisierung umfassend dargestellt worden. Klar ist: Für Unternehmen bringt das digitale Zeitalter neben großen Chancen auch viele neue Herausforderungen und Risiken mit sich. Der Begriff „Digitalisierung“ bewegt sich für viele gerade auch mittelständischen Unternehmen oftmals noch auf einer sehr abs­trakten Ebene, wenn es um die Umsetzung im eigenen Betrieb geht. Zugleich stellt sich diese Herausforde­rung für jedes Unternehmen anders dar – abhängig davon, in welcher Branche das Unternehmen tätig ist, welche Größe es hat und welcher Grad an Digitalisierung bereits vorhanden ist. Hinzu kommen ganz unter­schiedliche Ausgangsbedingungen durch die jeweilige Unternehmenskultur und -organisation.

Die Kreativwirtschaft ist von der digi­talen Transformation ebenso betroffen wie andere Branchen. Zugleich ist die Kreativwirtschaft nah am Puls der Zeit und übernimmt für ihr Publikum und ihre Kunden vielfach eine Innovatorenfunktion. Gleichwohl verfügt die Kreativwirtschaft oftmals nur über begrenzte Zugänge zu spezifischen Digitalisie­rungsthemen sowie zu Unternehmen, die in diesem Bereich ihre Unterstützung benötigen könnten. Auch die Innovationsfähigkeit hinsichtlich eigener Produk­tionsverfahren und Stilsprachen sowie die Bereit­schaft, das regionale Marktgeschehen mitzugestal­ten und neue Zielgruppensegmente zu erschießen, sind ausbaufähig.

Ein aktuelles Impulspapier der Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation in Trägerschaft der BSP Business School Berlin fasst die Erfah­rungen im Bereich der Kreativwirt­schaft zusammen. Das Papier wurde unter Federführung des BSP-Rektors Prof. Dr. Thiessen entwickelt und beschreibt am Beispiel von immersiven Medienanwendungen, wie klassische Medienproduktionsunternehmen über digitale Ver­fahren zu ganz neuen Zielgruppen und Anwendun­gen kommen, sich neue Märkte und neue Kunden erschliessen. Dabei konzentriert sich das Papier beispiel­haft auf Erfahrungen, die die Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation im Medienmarkt der Hauptstadtregion mitgestaltet und begleitet hat.

Das Impulspapier entstand im Rahmen des BSP-Projekts Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation. Die Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation gehört zu Mittelstand-Digital. Mit Mittelstand-Digital unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk. Mittelstand-Digital informiert kleine und mittlere Unternehmen über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Die geförderten Kompetenzzentren helfen mit Expertenwissen, Demonstrationszent­ren, Best-Practice-Beispielen sowie Netzwerken, die dem Erfahrungsaustausch dienen. Das Bundesministe­rium für Wirtschaft und Energie ermöglicht die kostenfreie Nutzung aller Angebote von Mittelstand-Digital. Weitere Informationen unter www.mittelstand-digital.de.

Virtuelle Realität: Potenziale für den Mittelstand

„Die Gefühle, die mittels einer Situation in der Virtuellen Realität hervorgerufen werden, sind so intensiv, als erlebe man es in der Realität“, sagt Maren Courage. Sie ist eine der Gründerinnen des VR Business Clubs, der zusammen mit der Internetagentur SinnerSchrader AG und der Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation zum VR Business Club nach Frankfurt am Main eingeladen hatte. „Wenn ich Leute mit Datenbrille, die vollkommen in die virtuelle Realität eingetaucht sind, über ein schwebendes Seil laufen lasse, trauen sich die meisten trotzdem nicht loszugehen, obwohl sie wissen, dass sie in der Realität gerade mit zwei Füßen auf dem Teppich stehen.“

Ziel der Veranstaltung war es, Anbieter und potenzielle gewerbliche Nutzer von Virtueller Realität (VR), Erweiterter Realität (Augmented Reality, AR) und Vermischter Realität (Mixed Reality) zu vernetzen. Es sollten möglichst viele Anwendungsszenarien gezeigt und gemeinsam entwickelt werden. Klar wurde, dass die virtuellen Möglichkeiten die Fabriken und Büros, also die meisten Arbeitsplätze verändern werden.

„Wann kann ich mich schon mal unter einen Roboterarm legen und schauen, was dort genau passiert?“, fragte Daniel Wolff. Damit wollte der Leiter der inpro Innovationsgesellschaft für fortgeschrittene Produktionssysteme in der Fahrzeugindustrie mbH während seines Vortrags verdeutlichen, welches Potenzial die Planung von Fabriken mit Hilfe von Virtueller Realität (VR) birgt.

VR und AR in der Schulung

Auch bei Schulung von Mitarbeitern könne das Eintauchen in die potenzielle Arbeitsumgebung hilfreich sein: „Was passiert, wenn ich ein bestimmtes Teil fallen lasse, das jedes Mal 500 Euro kostet? Oder bei gefährlichen Tätigkeiten: Man kann Warnen, was passiert, wenn ich den Kran nicht sicher genug aufstelle. Aber wenn ich einmal in der Virtuellen Situation erlebe, wie es ist, wenn der Kran umfällt, ruft das Gefühle hervor, die mich hinterher nicht mehr leichtsinnig handeln lassen“, sagt Daniel Wolff.

Bildergalerie: 

Möglichkeiten der Fernwartung

Nicht gleich komplett in die Virtuelle Realität eintauchen möchten viele Mittelständler. Diese können aber beispielsweise Serviceleistungen beschleunigen, vereinfachen, kundenfreundlicher gestalten, wenn sie Wartungsleistungen per Erweiterter Realität auch aus der Ferne erbringen können. Der Technikexperte in der Zentrale sieht auf seinem Bildschirm die vor Ort gefilmte Situation und gibt dem Kollegen aus der Ferne Hinweise, welche Schritte er in Detail ausführen soll.

Wartung 4.0: Die Mittelstand 4.0-Agentur Prozesse hat die Broschüre „Digitale Wartung und Instandhaltung – Grundlagen und Anwendungsbeispiele“ veröffentlicht: http://www.prozesse-mittelstand.digital/images/PDF/Broschuere_Digitale_Wartung_und_Instandhaltung.pdf

Zukunft der Ausbildung

Die rund 30 Teilnehmer aus den Branchen Steuerberatung, Rechtsanwälte, Feinoptiker, Elektrotechnik, Industrie, VR/AR-Anbieter, Weiterbildung, Buchhandel, Handwerk, Sondermaschinenbau, Automotive, Kommunikation, Software diskutierten zu Abschluss, welche Auswirkungen VR- und AR-Anwendungen auf die künftige Ausbildung haben könnte.

Folgende Technologien konnten die Teilnehmer ausprobieren:

1. Nils und Sven Arnold, Gründer der Adtance GmbH & Co. KG mit Sitz in Wald-Michelbach im Odenwald stellten Augmentend Reality-Support-Lösungen mit Smartphones, Smartglasses und  Augmented Reality-Brillen vor.

2. Die Inhaber Philip Hausmeier und Carl White von „Meshicon“ aus Berlin stellten Anwendungen mit der HoloLens von Microsoft vor.

3. Der Leipziger PC-Hersteller Schenker Technologies GmbH stellte ein VR-Kundenprojekt mit der Datenbrille für die Automobilindustrie vor.

Die Initiatoren

„Industrie, Handel und Verwaltung stehen in Zukunft vor einer tief greifenden Transformation entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Auch im Mittelstand greift der Wandel und es werden bereits vielfältige Anwendungen mit VR- und AR-Technologien produziert,“ sagt VR Business Club Gründerin Maren Courage.

Zusammen mit Oliver Autumn hat sie das Netzwerk gegründet. Warum? „Noch befinden sich die Technologien der Virtuellen Realität (VR) und der erweiterten Realität (AR) in Deutschland in den Anfängen, allerdings nimmt das Thema in der deutschen Wirtschaft immer mehr an Fahrt auf“ sagt Oliver Autumn.

VR- und AR-Potenzial ermittelt und dargestellt von Goldman Sachs Research:

digital_real: „Auf ein Digitalisierungsprojekt folgt meistens das nächste“

Was passiert im Unternehmen, wenn man den Schritt in Richtung Digitalisierung unternimmt? Was bedeutet das für Mitarbeiter und Kunden? Mehr als 70 Teilnehmer haben sich am 13. Juli 2017 beim A³-Wirtschaftsdialog „digital_real“ bei der Wipfler Fenster + Fassaden GmbH im bayrisch-schwäbischen Zusmarshausen-Wörleschwang getroffen, um aus erster Hand zu erfahren, wie kleine und mittlere Unternehmen ihre ersten Erfahrungen mit der Digitalisierung gemacht haben.

In Kooperation mit der Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Wirtschaftsraums A³ hat die Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation gefragt: „Welche Chancen und Möglichkeiten bietet die Digitalisierung für den Mittelstand?“ Prof. Dr. Thomas Thiessen, Konsortialleiter der Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation, verfolgte als Moderator einen roten Faden: Was treibt Unternehmer an, die sich mit Digitalisierung beschäftigen? Was begünstigt den Antrieb, was können Stolpersteine sein?

Zwei Unternehmen stellten ihre Geschichte vor und waren sich einig: Beginnt man ein Digitalisierungsprojekt, folgt schon bald das nächste!

1. Digitalisierung macht größere Auftragsvolumina möglich: Der Gastgeber der Veranstaltung Armin Nuffer, Geschäftsführer der Wipfler Fenster + Fassaden GmbH, berichtete: „Wir sind noch lange nicht fertig, wir stecken mittendrin im Prozess der Digitalisierung.“ Lesen Sie den Digitalisierungsbericht des Handwerksunternehmens hier: https://kommunikation-mittelstand.digital/ein-fensterhersteller-in-der-digitalen-transformation/

2. Digitalisierte Kundenkommunikation: Catrin Graf hat den Kundenservice ihres Unternehmens Graf-Dichtungen GmbH mit Sitz in München und zwei Filialen in Berlin mittels digitaler Kommunikation verändert. Die digitale Transformation der internen und externen Kommunikation ist in vollem Gange, bereits die erste Maßnahme brachte einen großen Erfolg: „Im Jahr 2005, als ich den Online-Shop eingeführt habe, steigerte sich unser Umsatz um 35 Prozent“, berichtet Graf. Lesen Sie das Praxisbeispiel des Herstellers und Händlers von Dichtungen hier: https://kommunikation-mittelstand.digital/graf-dichtungen-gmbh-ein-kleines-unternehmen-digitalisiert-die-interne-und-externe-kommunikation/

Neben den Praxisbeispielen konnten sich die Teilnehmer bei Experten informieren: Georg Höllthaler http://kompetenzzentrum-augsburg-digital.de/kontakt/ vom neu gegründeten „Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum Augsburg“ zeigte, wie das Projekt kleine und mittelständische Unternehmen aller Branchen beim Einstieg in die Digitalisierung unterstützend und kostenfrei informiert. Das Kompetenzzentrum ist – ebenso wie die Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation – Teil der BMWi-Initiative „Mittelstand digital“ https://www.mittelstand-digital.de/ .

  1. Augmented Reality: Die Kommunikationsagentur Elfgenpick mit Sitz in Augsburg zeigte vor Ort die Möglichkeiten von Erweiterter Realität (AR). Beispiel: Eine Imagebroschüre beinhaltet auch virtuelle Inhalte, die nach dem Scan mit dem Tabletcomputer erscheinen https://www.elfgenpick.de/de/werbeagentur-augsburg/wenn-buecher-laufen-lernen-augmented-reality-fuer-kontron-imagebroschuere . Bei der Wartung von Maschinen können AR plus Datenbrille eingesetzt werden: https://www.elfgenpick.de/de/werbeagentur-augsburg/augmented-reality-applikation-im-bereich-installing-assembling-oder-repairing

Rolle der Wirtschaftsförderung:

Im Wirtschaftsraum Augsburg gibt es viele Angebote für Unternehmen: „Wir helfen gerne dabei, einen Überblick zu verschaffen und den richtigen Anknüpfungspunkten oder Beratung für Sie zu finden“, sagte Andreas Thiel, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Regio Augsburg Wirtschaft GmbH.

Fazit von Moderator Thomas Thiessen:

Die Veranstaltung hat mir persönlich nochmal deutlich gemacht, dass die Digitalisierung in kleinen Schritten und in Kernprozessen initiiert werden kann, um dann nach und nach eine operative Dynamik zu entwickeln, ohne jemals „fertig“ zu sein.

Diese Dynamik zeigt sich bei der Wipfler Fenster + Fassaden GmbH in beindruckender und zugleich beruhigender Weise. Fertige Patentlösungen gibt es nicht. Es gibt nur individuelle Anforderungen an die Digitalisierung, jeweils höchst differenziert nach Branche und Unternehmen.

Die Kommunikationsagentur Elfgenpick beispielsweise nutzt die Chancen der Digitalisierung für sich als Transformationsprozess hin zu einem Kreativdienstleister mit Virtual/ Augemented Reality-Kompetenz. Elfgenpick erschließt sich damit neue Märkte, die sich so für andere Branchen nicht anbieten. Dort gibt es jeweils andere Potenziale.

Allerdings gibt es eine Art „Roten Faden“, ein grundsätzliches Vorgehensmodell, an dem sich ein mittelständisches Unternehmen unter seinen Bedingungen orientieren kann.

 

Und alle Unternehmen verbindet zusätzlich, dass es ohne Partizipation nicht geht. Mir ist gerade am Beispiel der Graf-Dichtungen GmbH erneut deutlich geworden, dass die strukturierte Einbindung der Führungskräfte, Mitarbeiter Kunden und Lieferanten in den Digitalisierungsprozess ein entscheidender Faktor für das Gelingen ist.

Die Unternehmenskulturen ändern sich. Das ist Fakt. Kommunikation, Qualifizierung, Transparenz, ein gemeinsames Zielbild: alles das hilft dabei, Motivation und Akzeptanz zu schaffen.

Die wertvollen Beiträge aus dem Publikum zeigen, dass es sich absolut lohnt, in den Digitalisierungsdialog zu treten, sich zu vernetzen, sich gegenseitig zu inspirieren und inspirieren zu lassen.

Virtuelle Realität

Geschäftsmodell Virtual Reality

Ein Beitrag von Prof. Thomas Thiessen im BMWi-Magazin: Wissenschaft trifft Praxis“, Seite 41 – 46:
Magazin: „Wissenschaft trifft Praxis: Digitale Geschäftsmodelle“ herunterladen

Die Digitalisierung schafft für mittelständische Unternehmen der Bewegtbildproduktion völlig neue Bedingungen. Wer nicht mitgeht, geht das Risiko ein, vom Markt zu verschwinden. Wer neue Produktionsverfahren (z. B. im Markt für Virtual Reality und Augmented Reality) und offene Partnerstrukturen entwickelt, kann damit auch neue Kunden erreichen. Ein einzigartiges Strategieprojekt am Traditionsstandort Potsdam-Babelsberg hilft dabei, mittelständische Medienunternehmen fit zu machen für die digitale Zukunft.

Die Wertschöpfung in der Medienproduktion entsteht zu einem erheblichen Teil in kleinen und mittelständischen Unternehmen. Aber die Marktsituation für medienschaffende Unternehmen wandelt sich dramatisch – nicht nur im Zeitungsmarkt, sondern auch im Umfeld der Bewegtbildproduktion. TV und Kino leiden unter dem stark veränderten Medienkonsum. Die Digitalisierung schafft völlig neue Medienkonsum- und Medienproduktionsverhältnisse. Es ist schon jetzt absehbar: Wenn Unternehmen überleben wollen, müssen sie neue Zielgruppen und neue Produktfelder für digitale Medienproduktion finden.

Die klassischen Märkte verändern sich (nicht nur zum Positiven)

Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg spiegelt diese Entwicklung nahezu beispielhaft wider. Potsdam-Babelsberg beispielsweise ist ein Top-Standort für internationale Medienproduktionen. Bislang wurden in der Medienstadt Babelsberg primär Inhalte für TV und Kino erstellt. Diese Märkte sind insofern problematisch, als sie in hohem Maße von Filmfördermitteln abhängen, Kinoproduktionen außerdem zunehmend attraktivere Konditionen von ausländischen Standorten angeboten bekommen und im TV-Umfeld die Zuschauerzahlen stagnieren bzw. beim jungen Publikum sogar stark sinken. Die klassischen Märkte, die die Grundlage für die Existenz der meisten kleinen und mittelständischen Medienunternehmen am Standort sind, verändern sich also nicht nur zum Positiven.

Digitalisierung schafft aber auch Chancen

Gleichwohl schafft die Digitalisierung auch erhebliche Chancen. Neben den traditionellen Kanälen für Medien entstehen durch digitale Verbreitungswege zahlreiche neue Verwendungsmöglichkeiten für visuelle Inhalte. Durch eine im Durchschnitt sehr gute Ausstattung mit Endgeräten und eine hohe Durchdringung mit Breitband-Anschlüssen bei Konsumenten sind die Voraussetzungen für einen flexiblen Medienkonsum im privaten wie im geschäftlichen Bereich grundsätzlich vorhanden. Zusätzlich sind durch digitale Infrastrukturen die Kosten für Produktionstechnik bei steigender Qualität dramatisch gesunken, so dass die Produktion von Bewegtbild für viele neue Zielgruppen auch finanziell attraktiv wird. Dabei bietet in erster Linie die Industrie das größte Zuwachspotenzial für visuelle Inhalte. Immer mehr Unternehmen erklären ihren Kunden ihre Produkte in Form von Bewegtbild, Konzerne verlagern Schulungen für zigtausende Angestellte von Konferenzräumen auf E-Learning-Plattformen. Virtual Reality- (VR) und Augmented Reality- (AR) Anwendungen helfen bei der Entwicklung von Maschinen oder im Supportfall beim Zugriff auf komplexe Konstruktionszeichnungen oder Fachpersonal. Aber wie finden Medienunternehmen den Einstieg in diese neuen Wertschöpfungsstrukturen und Marktchancen?

Der erste Schritt: Begriffsverwirrung beseitigen

Die Begriffe rund um digitale Medienproduktion werden häufig unscharf voneinander abgegrenzt. Dies sei beispielhaft an den Themen Augmented Reality, Virtual Reality und 360 Grad-Film und -Foto erläutert.

  1. Augmented Reality

    Der Begriff Augmented Reality (AR) beschreibt eine computergestützte „erweiterte“ Realitätserweiterung (daher der Begriff Augmented Reality). Über eine Datenbrille werden zusätzliche Informationen zu realen Objekten eingeblendet.Dabei können grundsätzlich alle menschlichen Sinne angesprochen werden. Die meisten Anwendungen erweitern die reale Wahrnehmung mit Bildern, Videos oder durch die Darstellung von visuellen Zusatzinformationen. Ein Anwendungsbeispiel von Augmented Reality in der Industrie ist der Abgleich von digitalen Planungsdaten mit real vorhandenen Geometrien, z. B. bei der Herstellung von Produkten. Wird eine klassische Definition des Begriffs zugrunde gelegt, so muss eine Interaktion zwischen dem Nutzer und den zusätzlichen Informationen möglich sein. Die reine Einblendung von Daten würde demnach nicht ausreichen, um die Definition von Augmented Reality zu erfüllen.

  2. Virtual Reality

    Virtual Reality (VR) beschreibt die Technik, mit der eine Darstellung und Wahrnehmung einer in Echtzeit computergenerierten, interaktiven virtuellen Umgebung ermöglicht wird. Der Nutzer taucht komplett in diese künstliche Welt ein. Der virtuellen Umgebung sind hierbei kaum Grenzen gesetzt. Damit der Nutzer in diese Welt gelangen kann, muss er einen VR-Helm oder eine Brille, idealerweise mit Kopfhörern tragen. Diese Technik wird z. B. in Videospielen eingesetzt. Durch die interaktive Steuerung kann dem Nutzer ein völlig neues Spielerlebnis geboten werden.

  3. 360 Grad-Film und -Foto

    Ein weiterer Trend ist die Aufnahme von Filmen und Videos im 360 Grad-Format, was durch spezielle Kameras, z.B. Kugelkameras, oder die gleichzeitige Verwendung von mehreren sogenannten „Actioncams“ ermöglicht wird. Das Besondere an dieser Technik ist, dass der Betrachter bei der Verwendung einer VR-Brille den Kopf drehen kann und der Bildausschnitt sich entsprechend mit dreht. Es muss aber nicht zwangsläufig eine VR-Brille oder ein VR-Helm genutzt werden, auch auf dem Smartphone lässt sich per Fingerstreich der Bildausschnitt in die gewünschte Richtung ändern.

An diesen kurzen Definitionen wird deutlich: Wachstumsfelder für mittelständische Medienunternehmen sind Medienproduktionen außerhalb Entertainment und Inhalte für Virtual Reality. Diese neuen Märkte für Medieninhalte sind bereits heute größer als die traditionellen Entertainment-Märkte und wachsen im zweistelligen Prozentbereich.

Ursprung und Entwicklung der VR-Branche

Die Entwicklung von VR-Technologien begann in den 1990er Jahren. Mehrere sogenannte VR-Head-Mounted-Displays (HMD) wurden in den frühen 1990er Jahren für Spiele-Konsolen auf den Markt gebracht. Dazu gehörte zum Beispiel der von Nintendo entwickelte Virtual Boy. Doch diese ersten Ansätze, VR als einen profitablen Markt zu etablieren, scheiterten zunächst vor allem an den unzureichenden technischen Rahmenbedingungen, insbesondere der Rechnerleistung und der unzureichenden Display-Technologie. Zudem waren die skizzierten Technikbausteine extrem kostspielig, großvolumig und schwer. Modernere und erfolgreichere Produkte für Virtual Reality in der Videospielindustrie präsentierten sich dann zum Beispiel mit der Wii-Fernbedienung oder den Play-Stationen Move / Eye, die sämtlich in der Lage sind, Gesten- und Bewegungsinputs des Spielers auf der Spiele-Konsole darzustellen. Diese Entwicklung schreitet aktuell sehr dynamisch voran. Seit die technologischen Hürden abgebaut wurden, arbeiten zahlreiche Unternehmen an neuen Generationen von Virtual Reality-Hardware und Anwendungen. Oculus Rift beispielsweise ist ein primär für Spielzwecke entwickeltes Display von Oculus VR, einem amerikanischen Technologieunternehmen, das 2014 für 2 Mrd. Dollar von Facebook aufgekauft wurde.

Einsatzgebiete für VR und AR

Virtuelle und erweiterte Realität lässt sich in vielen Bereichen einsetzen. Eines der bekanntesten Einsatzgebiete ist die Pilotenausbildung in Flugsimulatoren. Auch in der Industrie wird die Technologie verstärkt eingesetzt, vor allem zur Erstellung von virtuellen Prototypen, Produktionsplanungen, virtuellen Trainings sowie für ergonomische Bewertungen und räumliche Studien in der Geologie.

Weitere Einsatzgebiete sind Visualisierungen in der Architektur, Medizin, Chemie, Energie und im Edutainment. Der therapeutische Einsatz von virtueller Realität wird unter dem Stichwort virtuelle Rehabilitation untersucht. Ein weiteres Anwendungsbeispiel ist der Einsatz bei Planungen von Infrastrukturmaßnahmen, die das Landschaftsbild verändern. Die Umwelt kann so nachgebildet werden, dass Anwender nicht nur sehen, sondern auch erleben können, was sich durch ein Vorhaben verändert. Dabei können sie selbst entscheiden, welchen Betrachtungsstandpunkt sie einnehmen – entweder per Gamepad oder bei der Internetversion mittels Pfeiltastennavigation. Die 3D-Darstellung ist geeignet für den stationären Einsatz, zum Beispiel in Veranstaltungen zur Bürgerbeteiligung oder zur Erläuterung in politischen Gremien, sowie als Tool zur Information und Konsultation (z. B. bei Genehmigungsverfahren) im Internet. Virtual Reality ist auch im Unterhaltungsmarkt zu finden. So gibt es Fitnessgeräte mit VR-Unterstützung sowie Simulatoren, die einen virtuellen Flug durch Städte ermöglichen. Die Firma Sony hat für die Playstation eine VR-Brille entwickelt, die unmittelbar vor der Markteinführung steht. VR-Brillen bieten bereits heute die Technologieunternehmen Samsung und LG für ihre Smartphones an. Auf diesen Geräten werden vorrangig speziell entwickelte Spiele wie VR Mac-Pan und In Mind VR abgespielt. Ein großer Erfolg und in den Medien äußerst präsent war auch das AR-Spiel Pokémon Go von Nintendo, bei dem der Spieler mit der Smartphone-Kamera auf virtuelle Monsterjagd in realer Umgebung geht. Allein dieses Spiel wurde in den ersten 4 Wochen weltweit von über 40 Millionen Spielern heruntergeladen.

Noch wenig konkrete Daten zum Marktpotenzial

VR und AR scheinen also auch wirtschaftlich zunehmend attraktiv zu werden. Aber auf welche Potenziale lassen sich mittelständische Unternehmen denn ein, wenn sie auf digitalisierte Verfahren wir VR und AR setzen? Eine rein quantitative Analyse des VR/ AR-Marktes stellt aktuell noch eine große Herausforderung dar. Gleichwohl gibt es Ansätze einer Marktbewertung. Vorgelegt wurde 2015 ein Bericht des Marktforschungsunternehmens Digi-Capital. Die Analyse geht davon aus, dass der VR/AR-Markt aufgrund der neuen Hardware-Angebote und der vielfältigen Einsatzmöglichkeiten rasant wachsen wird.

Das Unternehmen prognostiziert für das Jahr 2020 einen AR/VR-Branchenumsatz von rund 120 Milliarden US-Dollar weltweit. Zu einer ähnlichen Prognose kommt auch die Investmentbank Goldman Sachs, die etwas konservativer das Überschreiten der 100 Mrd. US$- Umsatzschwelle für das Jahr 2025 prognostiziert.

Die Marktakteure sind alarmiert

Ob dies alles tatsächlich so kommt, steht auf einem anderen Blatt. Aber die Prognose eines großen Kuchens zeigt bei vielen Akteuren ihre Wirkung, denn sie wollen schon heute daran partizipieren. Praktisch alle namhaften Technologieunternehmen arbeiten aktuell an VR/AR-Lösungen. Dabei sind amerikanische und asiatische Unternehmen derzeit führend. Die Unternehmen kommen aus allen Industriesegmenten, vorzugsweise jedoch aus den Bereichen IT, Content und Industrieanwendungen. In den letzten Jahren haben sich aber auch in Deutschland eine Reihe von Firmen etabliert, die bereits sehr erfolgreich Virtual-Reality-Software für Industrieunternehmen anbieten, zum Beispiel ICIDO, VISENSO und der bekannte Spiele-Entwickler CRYTEK. Auch in der Hauptstadtregion BerlinBrandenburg finden sich kleinere und mittelgroße Unternehmen, die sich intensiv mit VR/AR-Anwendungen und Geschäftsmodellen beschäftigen.

Neue Märkte jenseits der Unterhaltungsindustrie

Im industriellen Sektor mit Schwerpunkt Auto-Motiv gibt es bereits aufwendige Visualisierungstechnologien, wie z. B. den CUBE, in dem Simulationen für Designer und Produktionsingenieure realisiert werden. Kostenpunkt für eine einzelne CUBE-Installation: circa eine halbe Millionen Euro! Diese bestehenden Dienstleistungs- und Servicestrukturen werden durch neue VR/AR Technologien zunächst ergänzt, dann abgelöst. Ebenso gibt es zur Informationsübermittlung, z. B. im industriellen Fließbandfertigungsbereich, bereits seit Jahren AR-Brillen, über die Informationen über Zustand und Fehler quellen einer Fertigungsanlage, z. B. bei Schichtwechsel, weitergegeben werden. In beiden Fällen können auf Basis der digitalen Entwicklung langjährig bewährte Geschäftsmodelle durch neue Technologien ergänzt, ausgebaut und neu etabliert werden.

Innovative Geschäftsmodelle und Internationalisierung

Dank der hohen Qualität der VR/AR-Darstellung und der damit verbundenen hohen Immersion der erlebten Darstellung werden neue Geschäftsmodelle im Bereich der Produktpräsentation im Business-to-Business-Bereich, aber auch am Point of Sale entstehen. So gibt es bereits erste Ansätze im Bereich Mode mit einem Mode-Konfigurator, vergleichbar dem Auto-3D-Konfigurator, Modewelten viel individueller erlebbar und erfahrbar zu gestalten.

Neben Konzeption und Fertigung dieser VR/AR-Modelle mit neuartigen Technologien wie Foto- und Videogrammetrie werden etablierte Einkaufs- und Kundenbeziehungen neu und effektiver geordnet. Der klassische Bewegtbild-Dienstleistungsbereich wird also durch VR/AR um die Entwicklung, Herstellung, Vermietung von Hard- und Software, aber auch die Konzeption völlig neuartiger Produkte und Workflows erweitert. In diesem Umfeld werden nachhaltige Geschäftsmodelle und zusätzliche Patent- und Lizenzansprüche von nationaler und internationaler Bedeutung entstehen. Neben dem Verleih und Vertrieb von Hard- und Softwareprodukten im Bereich VR/AR werden auch begleitende Geschäftsmodelle wie Studio- und spezielle Aufnahmetechnologie-Vermietung nebst dazugehöriger Hochleistungs-IT-Infrastruktur nachhaltigen Erfolg erzielen.

Die hohe Komplexität der VR/AR-Produktionen und die Vielzahl an Einsatzmöglichkeiten in allen Industriebereichen werden zu einer hochgradigen Spezialisierung von Produkten, Workflows und Dienstleistungen führen. Der Effekt ist eine zügige Internationalisierung der Geschäftsmodelle auch im Mittelstand und die weitere Generierung von lokalen Hidden-Champions in der Medienwelt, da dadurch eine starke Branchen- und Kundenbindung gerade im Kundensegment internationaler Konzerne entstehen wird. Allerdings ist dieser schnell wachsende Markt sehr stark von flexiblen und breitbandigen Lösungsansätzen abhängig, um schnell und effizient die Wertschöpfungsvorteile dieser fundamental neuen Technologieplattform heben zu können.

Wettbewerb der Regionen: Inhalte fehlen

Obwohl das Medium VR also noch recht jung ist, zeichnet sich bereits eine Aufteilung des Marktes ab. Die großen Distributionsplattformen (YouTube, Facebook, Steam, Microsoft etc.) sind in den USA angesiedelt. VR ist in den USA eher ein IT-Thema, ein Thema für das Silicon Valley und weniger präsent in Hollywood. Obwohl die USA auch den Bereich Unterhaltungselektronik vorantreiben, erobert Asien den Markt für Displays (HTC, Samsung), VR-Spielekonsolen (Sony), Spiele und Vergnügungsparks. Der Baustein, der hier jedoch noch fehlt, sind attraktive und hochwertige Inhalte. Gerade im Bereich der Inhalteentwicklung sehen die Unternehmen der Hauptstadtregion ihre Chance. Die Region blickt, insbesondere auch mit Potsdam-Babelsberg, erfolgreich auf eine mehr als hundertjährige Geschichte als Schmiede für kreative Inhalte zurück. Berlin ist international, kreativ und zieht Talente aus der ganzen Welt an. Das kreative und technische Umfeld ist bereits breit gefächert und daher überrascht es nicht, dass die Region inzwischen als das kreative Herz und das Silicon Valley Europas gilt. Viele Unternehmen haben in der Region ihre Wurzeln. Berlin lockt Weltkonzerne an, die auf der Suche nach Talent, Ideen und Inhalten sind. Das neue Medium VR nutzt diese bereits etablierten kreativen und technischen Fähigkeiten aus den Bereichen Gaming, Film & Medien, Softwareentwicklung und E-Commerce.

Hauptstadtregion als Lieferant von Inhalten

Die Firmen aus der Hauptstadtregion können sich als diejenigen positionieren, die den Missing Link füllen können, als Lieferant von Inhalten und Ideen. Aber der Standort verfügt noch über weitere Alleinstellungsmerkmale. Anders als bei den meisten Gründerzentren, Inkubatoren, Clustern und Hubs stehen hier die Fokussierung auf ein bestimmtes Medium – VR – und der sehr viel stärkere Ausbau der technologischen Komponente im Vordergrund. Das junge Medium VR befindet sich in der Region technologisch, inhaltlich und wirtschaftlich aber noch in der Entwicklungsphase. Deswegen ist es hier lebenswichtig, die kreative Entwicklung mit einer starken technologischen Komponente zu

unterstützen. Innovative Technologie – wie z. B. das volumetrische Bodyscanning-Verfahren – kann hier zu einem Zeitpunkt flexibel bereitgestellt werden, zu dem sie anderen Wettbewerbern noch nicht zu Verfügung steht. Dies stellt einen wichtigen Wettbewerbsvorteil dar. Das hochwertige Produktions-Know-how zur Herstellung von VR-Inhalten – bis hin zur Möglichkeit, „begehbare Filme“ produzieren zu können – wird am Standort Hauptstadtregion angeboten und weiter ausgebaut.

Ein einzigartiges Strategieprojekt für mittelständische Unternehmen

Die Chancen der Digitalisierung für Medienunternehmen haben die Akteure in der Hauptstadtregion erkannt. Initiiert vom Wirtschaftsministerium des Landes Brandenburg, gesteuert von der Landeswirtschaftsförderung ZAB ZukunftsAgentur Brandenburg und unter Begleitung der Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation wurde ein einzigartiges Strategieprojekt zur Zukunft des (mittelständischen) Medienstandorts aus der Taufe gehoben. Am Standort Babelsberg und in der Hauptstadtregion sind alle Kompetenzen für die neuen VR-/AR-Märkte vorhanden, die bei geeigneter Vernetzung und Entwicklung ein wettbewerbsfähiges Cluster an Firmen und Institutionen darstellen können. Die neuen digitalen Produktionstechniken, wie sie für die Entwicklung von VR- und AR-Formaten notwendig sind, machen es für kleinere und mittlere Unternehmen zwar schwierig, immer die neuesten Technologien und Infrastrukturen vorzuhalten. Der bevorzugte Zugang zu diesen Technologien und einer geeigneten IT-Infrastruktur, sowie flexible Formen der Vernetzung und eine gemeinsame Vermarktung werden den Standort für die nachhaltige Transformation der bestehenden Medienunternehmen und die Ansiedlung neuer Firmen wesentlich attraktiver machen.

Risikominimierung durch Zusammenarbeit

Zu diesem Zweck soll am Standort Potsdam-Babelsberg ein VR-Innovationscluster aufgebaut werden, das über staatliche Fördermittel und aus privaten Investorenmitteln finanziert werden soll. Das bedeutet auch Paradigmenwechsel. Die Unternehmen haben sich darauf eingelassen, dass eine kollaborative Einstellung und die koordinierte gemeinsame Strategieentwicklung alle miteinander weiterbringen. Denn die wenigsten Unternehmen

können es sich leisten, eine Entwicklungsumgebung für neuartige digitale Produktionsverfahren im Bereich AR/VR und die für moderne Inhalteproduktion notwendigen IT-Infrastrukturen aus einer Kraft zu etablieren – und das vor dem Hintergrund einer extrem geringen Halbwertzeit für technologische Innovationen. Niemand weiß heute, was in zwei Jahren ist. Das daraus resultierende Investitionsrisiko lässt sich gemeinsam besser abfedern.

Leuchtturmprojekte für die Neuausrichtung

Dabei sollen durch gezielte Fördermaßnahmen Leuchtturmprojekte am Standort realisiert werden, die die Neuausrichtung auf Märkte außerhalb von Entertainment und die Vorreiterrolle in VR- und AR-Technologien unter Beweis stellen und den Standort besser vermarkten helfen. Die Förderung dieser Leuchtturmprojekte soll gleichzeitig die Koordinierung und Einbindung von kleinen und mittleren Unternehmen als Know-how-Träger am Standort sicherstellen und so ein Cluster entstehen lassen, das am Weltmarkt bestehen kann. Die geplante Infrastruktur wird den Standort gleichzeitig attraktiver für internationale Produktionen machen, da vernetzte Produktionsverfahren immer wichtiger werden und für den Medienproduktionsstandort Babelsberg ein Unterscheidungsmerkmal darstellen. Die Kombination aus VR-Kompetenzzentrum, VR-Themenpark, hochleistungsfähiger Dateninfrastruktur, sowie die Breite des erweiterten Kundenspektrums und die Einbeziehung mehrerer Forschungseinrichtungen bilden die Grundlage für eine stabile und langfristige Geschäftssicherung. Die Ergebnisse des gemeinsamen Strategieprozesses und der damit verbundenen Aktivitäten (innovative Workshops, Exkursionen, Entwicklung von Handlungsempfehlungen, Dokumentation von Praxisbeispielen, Match Making, etc.) können sich bereits heute sehen lassen.

Die Teilaktivitäten der beteiligten Unternehmen konnten gebündelt werden. In einem neu gegründeten Verein „Virtual Reality Berlin-Brandenburg e.V.“ haben sich alle wichtigen Unternehmen und Institutionen zusammengefunden. Gemeinsam organisierte Branchenevents wie die „VR Now-Konferenz“ oder „Changing the Picture“ schaffen für den Standort und die beteiligten Unternehmen eine internationale Ausstrahlung. Mit Hilfe von gemeinsam akquirierten Förderungen können verstärkt vernetzte Aktivitäten über die verschiedenen Branchen ermöglicht werden. Neue Industriekundensegmente, aber auch Investoren für digitale Geschäftsmodelle sind auf den Medienstandort und seine Unternehmen aufmerksam geworden. Dem gemeinsamen Zielbild, dass mehrere kleine und mittlere Unternehmen des Medienstandorts Hauptstadtregion mit Schwerpunkt Babelsberg mit Unterstützung öffentlicher Institutionen eine gemeinsame Entwicklungsumgebung für vernetzte Medienproduktion mit Schwerpunkt AR/VR schaffen, sind alle Beteiligten einen erheblichen Schritt nähergekommen. Das macht Mut für eine digitale Zukunft.

VR

Bis 2025 werden sich VR-Angebote verdreißigfachen

Noch stecken die Technologien der Virtuellen Realität (VR) und der erweiterten Realität (Augmented Reality (AR)) in den Kinder­schuhen. Laut einer Schätzung der Investmentbank Goldman-Sachs soll das jährliche Produktionsvolumen von VR- und AR-Inhalten bis zum Jahr 2025 von derzeit knapp 3 Milliarden auf mehr als 80 Milliarden Dollar steigen. Zum Vergleich: Im Jahr 2015 betrug das Produktionsvolumen noch fast null. Es lohnt sich für kleine und mittelständische Unternehmen, sich jetzt mit den Anwendungsmöglichkeiten der Technologie zu befassen.

Design, Qualitätssicherung, Simula­tionen, Sicherheits­checks, Live-Überprüfungen von Bauprojekten, Wartungen, Schulungen, Wohnungsbesichtigungen, Maschinenbau – das sind nur einige Gebiete, in denen Virtuelle/Erweiterte Realität-Lösungen schon heute – außerhalb klassischen Entertainments, zum Beispiel Videospielen – eingesetzt werden. Im Gegensatz zur virtuellen Realität, bei welcher der Benutzer komplett – zum Beispiel mit Hilfe einer Virtual-Reality-Brille – in eine virtuelle Welt eintaucht, steht bei der erweiterten Realität die Darstellung zusätzlicher Informationen im Vordergrund. Im einfachsten Fall kann das die Einblendung von computergenerierten Zusatzinformationen in Bildern oder Videos sein.

Welches Potenzial VR und AR in den kommenden Jah­ren entfalten könnten, war auf der Internationalen Konferenz für Animation, Effekte, Games und digitale Medien FMX in Stuttgart zu sehen. So ist es möglich, täuschend echt digital 3D-animierte Automobilmodelle in den virtuellen oder virtuell erweiterten Raum zu integrieren. Firmen wie Audi, Renault oder McLaren stellten ihre VR-Applika­tio­nen vor. Besonders beeindrucken konnte die VR-Appli­ka­tion von Jaguar. Mit Hilfe des neuen Headsets wurde ein Gruppenerlebnis für 66 Personen in einem virtuellen Raum geschaffen und somit die Möglichkeit, um räumlich voneinander getrennte Personen zusammen zu bringen.

Steve Sullivan von Microsoft zeigte, wie reale Personen und Gegen­stän­de in den digital erweiterten Raum integriert werden können. Dies ist mit Hilfe eines Green Screens und Fotogrammmetrie möglich. So können 3D-Modelle von reellen Gegenständen in den virtuellen Raum integriert werden. Barrieren der Erstellung von virtuellen Inhalten, beispielsweise bei der Filmproduktion, sollen dadurch wegfallen.

Großer Lernbedarf zum Thema VR und AR

So bahnbrechend die Durchführungen von VR Gruppenerlebnissen auch sein mö­gen, so sind sie noch längst nicht vollständig ausgereift. Interagierende Per­sonen können in virtuellen Räumen bisweilen nur schemenhaft dargestellt werden, wie Daryl Atkins von Rewind darlegte. Zudem sei es laut Atkins noch nicht zu ge­währ­leisten, dass die jeweiligen VR Nutzer verbal untereinander im virtuellen Raum kommunizieren können. Eine alternative Lösung von VR-Erlebnissen für Perso­nengruppen ohne die Nutzung klassischer Headsets bie­tet der „Fieldtrip to Mars“ der Firma Framestone. Hier wurde ein Schulbus präpariert mit modernen Bildschirmen anstelle von Fenstern. Die Insassen konn­ten da­durch gemeinsam einen digitalen Trip über den Mars erleben. Währenddessen fuhr der Bus durch die Straßen New Yorks.

Diese Technik könnte eine vorzeitige Lösung für VR-Gruppenerlebnisse dar­stel­len, denn weiterhin haben auch die modernsten VR-Headsets Probleme mit der Langzeitnutzung aufgrund der Unhandlichkeit der Geräte und dem nach und nach auftretenden Übelkeitsgefühl (sogenannte Motion Sickness) bei Nutzern. Außerdem sind die Eindrücke von Anwen­dern in digitalen Welten, ähnlich wie bei der Wahrnehmung der realen Welt, äußerst verschieden.

Unterschiede zwischen den Geschlechtern

Prof. Dr. Matthias Wölfel von der Hochschule Furtwangen präsentierte seine Forschungsergebnisse rund um das Thema Atmosphäre in VR. Eine Erkenntnis daraus war, dass sich bei der Wahrnehmung von VR-Inhalten drastische Unterschiede zwischen den Ge­schlech­tern zeigen, beispielsweise im Hinblick auf Farbe und Fokusbereiche. Die Ursachen dafür müssten zwar noch erforscht werden, dennoch sei das Wissen um diese Faktoren bereits wichtig für jeden, der sich ernsthaft mit der Erstellung von VR-Erlebnissen befasst.

Storytelling in der Virtuellen Realität

Weiterhin stellt die neue Form des Storytelling innerhalb von VR eine Hürde dar. Zwar gibt es erste Ansätze für neue Handlungsstränge, wie Chris O`Reilly von Nexus Studios ausführte, jedoch ist noch kein einheit­liches Konzept für übergreifende VR-Storylines vorhanden.

Auch bei Augmented Reality-Technologien, wie der Hololens, gebe es weiterhin Verbesserungsbedarf. So ist es notwendig die digitalen Erweiterungen in reale Geometrie zu überführen, damit diese im realen Raum exakt platziert dargestellt werden können.

Bislang ist es schwierig, dass Anwender von AR-Technologien auf ihren Bildschir­men die jeweiligen digitalen Erweiterungen anderer Nutzer sehen können. Eine mögliche Lösung für diese Probleme stellte Edward Miller von Scape Technolo­gies vor. Mithilfe von frei zugänglichen Fotos, sowie Videos öffentlicher Räume, werden 3D-Animationen erstellt, welche dem Nutzer über eine Cloud zur Verfü­gung gestellt werden. Damit wäre die Erstellung großangelegter begehbarer AR-Erlebnisse möglich.