Im Jahr 2016 erwirtschaftete die Bundesrepublik Deutschland laut Statistischem Bundesamt eine Bruttowertschöpfung in Höhe von 2.821 Mrd. Euro. Der Anteil des Baugewerbes, bestehend aus dem Bauhauptgewerbe sowie dem Ausbaugewerbe, betrug in demselben Jahr 4,8 Prozent. Das entspricht einem Umsatzvolumen von rd. 116 Mrd. Euro. Damit ist das Baugewerbe einer der erfolgreichsten und wichtigsten Wirtschaftszweige in der Bundesrepublik Deutschland. Aufgrund ihrer traditionellen Arbeitsweise und des starken Einzelfertigungscharakters von Bauwerken kann der Eindruck entstehen, die Baubranche sei nur geringfügig von aktuellen technologischen Entwicklungen beeinflussbar. Dieser Eindruck täuscht: Eine aktuelle Studie zur Digitalisierung der Baubranche zeigt, dass bereits 93 Prozent der befragten Unternehmen überzeugt sind, dass Digitalisierung all ihre Prozesse nachhaltig beeinflussen wird (Roland Berger, 2016).
Die einsetzenden Veränderungen stellen die Akteure vor neue Herausforderungen. Einerseits müssen sie sich mit neuen Arbeitsweisen und Technologien und andererseits mit veränderten Kundenansprüchen vertraut machen, um am Markt bestehen zu können. Das setzt insbesondere mittelständische, meist familiengeführte Unternehmen unter Druck. Aufgrund der komplexen Wertschöpfung innerhalb der Branche sind sie oftmals kleiner als KMU anderer Branchen und verfügen selten über hochspezialisierte Innovationsabteilungen. Damit fällt in der Regel Geschäftsführern/-innen oder Inhabern/-innen selbst die Entscheidung über Digitalisierungsvorhaben zu, obgleich ihre digitalen Kompetenzen nach eigenen Aussagen begrenzt sind und ihre Haltung gegenüber der fortschreitenden Digitalisierung eher ambivalent.
Im Ergebnis erreichen mittelständische Baubetriebe laut einer Studie der Deutschen Telekom nur einen Digitalisierungswert von 37 Indexpunkten und sind damit auch im eigenen Branchendurchschnitt digital unterentwickelt (Deutsche Telekom, 2017). Um aktiv gegenzusteuern, scheint gezielte Unterstützung seitens der Politik und den Bauverbänden erforderlich. Um sie effektiv und wirksam gestalten zu können, werden aktuelle Erkenntnisse über den aktuellen Digitalisierungsstand und die tatsächlichen Bedarfe der betroffenen Unternehmen benötigt. Dazu will eine neue Untersuchung der BSP unter Autorenschaft von Johannes Tauchert und Prof. Dr. Thomas Thiessen ihren Beitrag leisten: Digitalisierung der mittelständischen Bauwirtschaft in Deutschland – Statusevaluation und Handlungsempfehlungen.
Zur Ermittlung des Digitalisierungsgrades der Baubranche sowie zur Identifikation von Chancen und Risiken liegen bereits einige wissenschaftliche Arbeiten vor. Dabei wird die mittelständische Bauwirtschaft allerdings selten explizit betrachtet, sondern eher als Teil der Gesamtbranche beschrieben (vgl. z. B. Roland Berger, 2016; BRZ Deutschland GmbH, 2016; Telekom, 2016). Deshalb liegt in der vorliegenden Bestandsaufnahme der Fokus dezidiert auf mittelständische Baubetrieben, um vorhandene wissenschaftliche Erkenntnisse zu ergänzen und um erweiterte, zielgruppenspezifische Handlungsempfehlungen abzuleiten zu können. Im Zentrum der Untersuchung steht somit die Frage: Wie ist der aktuelle Stand der Digitalisierung in der deutschen mittelständischen Baubranche zu bewerten und welche Chancen bzw. Risiken sehen die agierenden Unternehmen?
Eines der wesentlichen Ergebnisse der Evaluation: Aufgrund fehlender technischer Kompetenzen sowie technologischer Sicherheitsbedenken werden derzeit nur grundlegende digitale Anwendungen in sekundären Wertschöpfungsbereichen der Baubetriebe integriert. Weiterentwickelte Technologien zur Bauwerksdatenmodellierung (Building Information Modeling, kurz: BIM) werden derzeit nur von jedem zehnten Unternehmen genutzt, obwohl die Baubranche im Einsatz solcher technologischen Standards allergrößte Chance sieht.
Die Untersuchung entstand im Rahmen des BSP-Projekts Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation. Die Mittelstand 4.0-Agentur Kommunikation gehört zu Mittelstand-Digital. Mit Mittelstand-Digital unterstützt das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie die Digitalisierung in kleinen und mittleren Unternehmen und dem Handwerk.
Mittelstand-Digital informiert kleine und mittlere Unternehmen über die Chancen und Herausforderungen der Digitalisierung. Die geförderten Kompetenzzentren helfen mit Expertenwissen, Demonstrationszentren, Best-Practice-Beispielen sowie Netzwerken, die dem Erfahrungsaustausch dienen. Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie ermöglicht die kostenfreie Nutzung aller Angebote von Mittelstand-Digital. Weitere Informationen unter www.mittelstand-digital.de.
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